Pipa arrabali

Autor: Manfred Beier - http://www.pddb.org

Pipa arrabali IZECKSOHN, 1976

Erstbeschreibung:

Pipa arrabali IZECKSOHN, 1976. Revista Brasileira de Biologia 36(2): 507-510. Holotyp: EI 5311. Typenfundort: „Vila Amazônia, Município de Parintins, Estado do Amazonas, Brasil“.

Etymologie:

benannt nach ihrem Sammler Jailton Aguiar Arrabal.

Beschreibung nach Trueb und Cannatella (1986):

Die Art unterscheidet sich von den anderen durch die Kombination folgender Merkmale: (1) Schädel länger als breit; (2) Zähne vorhanden auf Maxille und Prämaxille, in Größe und Anzahl reduziert; (3) Fingerspitzen viergeteilt mit gleichgroßen, distalen Fortsätzen; (4) innerer Metatarsaltuberkel vorhanden, schwach entwickelt; (5) Spitzen der ersten bis dritten Zehen verhornt; (6) Oberlippe bildet im Mundwinkel eine kleine Tasche; (7) direkte Entwicklung.
Von carvalhoi unterscheidet sie sich insbesondere durch Punkt (2), von der sehr ähnlichen aspera durch die stärker getrennten Nasenlöcher und den relativ breiteren und kürzeren Kopf.

Der Körper von Pipa arrabali ist mäßig breit und abgeflacht und die Beine relativ lang, Länge von Tibia und Fuß zusammen entsprechen 112% der Kopf-Rumpf-Länge. Der Kopf in Dorsalansicht ist breit und die Schnauze zugespitzt. In Seitenansicht ist die Schnauze abgeflacht. Die Muskelwülste hinter den Augen sind sichtbar, aber nicht hervorstehend. Der Durchmesser der eher kleinen Augen beträgt 22% vom Zwischenaugenabstand. Der Unterkiefer ist breit und eher gewölbt als stumpf abgerundet. Die Schnauze ist in Ventralansicht schmal und deutlich über das Vorderende des Unterkiefers vorstehend.
Die gesamte Körperoberfläche ist mit Tuberkeln besetzt, aber am stärksten sind sie auf der Oberseite entwickelt. Die Granulierung ist besonders einheitlich auf dem Rücken, den Flanken und den proximalen Gliedmaßen, und besteht aus mäßig großen, zugespitzten Tuberkeln, die zwischen winzigen, abgerundeten verteilt sind. Wenn auch dieses Muster unterschiedlich großer Tuberkel auf dem Kopf überwiegt (vorallem hinter dem Auge und quer über der Schnauze), neigen die Tuberkel auf der dorsolateralen Oberfläche des Tarsus zu größerer Einheitlichkeit: Große, spitze Tuberkel sind in Längsreihen entlang der äußeren Oberfläche der Ferse und der fünften Zehe angeordnet, und gerade Reihen zugespitzter Tuberkel, die zum distalen Ende hin immer kleiner werden, befinden sich auf der Innenseite jeder Zehe. Der innere Metatarsaltuberkel ist ein undeutlicher, fast kreisförmiger Vorsprung, bedeckt mit winzigen Tuberkeln. Die ventralen Oberflächen sind ledrig mit verstreut liegenden, mäßig großen, abgeflachten Tuberkeln.
Das Seitenliniensystem entspricht dem von Pipa aspera:
Wegen der dicht stehenden Tuberkel sind die Seitenlinienorgane schwer zu erkennen. Eine Linie verläuft entlang der Schnauzenseite bis zum anteroventralen Augenrand, und eine dorsale Serie aus drei bis vier Organen erstreckt sich auf der Schnauze posteromedial von der lateralen Gegend des Nasenlochs aus. Zusätzliche Organe sind entlang des Vorderaugenrandes angeordnet sowie auf halber Strecke zwischen dem Auge und dem Oberlippenrand. Eine Längsserie verläuft vom posterodorsalen Augenrand posteroventral entlang der Kopfseite, und drei bis vier weitere Organe sind hinter dem Mundwinkel gruppiert. Hinter dem Kopf erstreckt sich eine Reihe weiter auseinanderliegender, vertikal angeordneter Seitenlinienorgane vom Arm aus über die halbe Länge der Flanke.
Die Färbung der Rückseite ist ein mattes braun, mit dunkleren braunen Punkten. Der Bauch ist orange-braun mit dunkelbraunen Punkten, die Iris ist schwarz.

Größe: Weibchen 4 – 4,7 cm; Männchen 3,8 – 4 cm;

Fundorte:
  • Vila Amazônia, Município de Parintins (2°36’S, 56°44’W), Brasilien (Amazonas), TRUEB & CANNATELLA (1986).
  • Cachimbo (9°40’S, 55°00’W), Brasilien (Pará), TRUEB & CANNATELLA (1986).
  • Kartabu (6°23’N, 58°43’W), Guyana (Mazaruni-Potaro), TRUEB & CANNATELLA (1986).
  • Spitze von Mt. Kanaima (5°20’N, 59°22’W), Guyana, TRUEB & CANNATELLA (1986).
  • Kabalebo Region, km 212 auf der Straße nach Amotopo, 120m (3°50’N, 57°35’W), Surinam (Nickerie), TRUEB & CANNATELLA (1986).
  • km 112 auf Straße von El Dorado nach Santa Elena de Uairé, 860m (6°01’N, 61°22’W), Venezuela (Bolívar), TRUEB & CANNATELLA (1986).
Ökologie nach BUCHACHER (1993) sowie GASCON (1992):

Christian Buchacher hat Pipa arrabali von November 1987 bis September 1988 im Terra-firme-Regenwald 70 km nördlich von Manaus, Brasilien, beobachtet. Die Art bewohnt dort Tümpel von 0.5 – 5 m Durchmesser bei einer maximalen Tiefe von 1 m, von denen zumindest einer das ganze Jahr über Wasser enthält. Sie haben keine Verbindung zu Fließgewässern und werden ausschließlich vom Regenwasser gespeist. Wasserpflanzen sind nicht vorhanden, aber der sandige Boden ist mit einer ca. 50 cm dicken Schicht aus Blättern bedeckt, in der sich die Wabenkröten tagsüber verstecken. Die Temperatur des leicht schlammigen Wassers betrug während des Beobachtungszeitraums im Mittel 25.6°C mit nur geringen Schwankungen im Jahresverlauf.
In den beständigeren Wasserstellen finden sich außer P. arrabali noch Bachlinge der Gattung Rivulus und Schwielenwelse (Callichthyinae)* sowie Kaulquappen mehrerer anderer Froscharten, denen diese Tümpel das ganze Jahr über als Laichplatz dienen. Diese Kaulquappen stellen den Hauptteil der Nahrung von Pipa arrabali dar, und die Wabenkröte scheint als effektiver Jäger einen nicht unbeträchtlichen Feinddruck auf die anderen Froscharten und damit deren Verbreitungsmöglichkeiten auszuüben (Gascon, 1992).
Die Hauptaktivitätszeit von P. arrabali liegt nachts. Dann schwimmen sie auf Futtersuche knapp über der Blätterschicht am Boden entlang, wo sie frei schwimmende Kaulquappen erbeuten. Selbst die außerhalb des Wassers im feuchten Laub abgelegten Schaumnester von Leptodactylus knudseni werden von ihnen leergefressen. Überhaupt wandern die Tieren oft über Land von einem Tümpel zum nächsten, ohne das ein zwingender Grund (Austrocknung, Nahrunsmangel) zu erkennen wäre.
Paarungen finden offensichtlich das ganze Jahr über statt: während des gesamten Beobachtungszeitraums fanden sich Weibchen mit Eiern im Rücken sowie frisch metamorphosierte Jungfrösche, allerdings war ihre Zahl im April ’88 (Regenzeit) besonders hoch.

manaus

Buchacher konnte eine Geburt im Labor beobachten. Ein 55 mm großes und 18,55 g schweres Weibchen gebar insgesamt 16 Fröschchen von 13 mm Länge und einem Gewicht zwischen 0.224 und 0.229 g. Zu Beginn der Beobachtungen gegen 18 Uhr waren bereits drei geschlüpft, die letzten vier erschienen zwischen Mitternacht und 2 Uhr. Nachdem sie zunächst kurz an der Oberfläche trieben, tauchten sie zum Boden ab, wo sie sich unter ihrer Mutter versteckten.

*Anmerkung: Fische der Gattung Rivulus und Schwielenwelse sind beide hervorragend an einen Lebensraum wie den beschriebenen angepasst. So können die eierlegenden Zahnkarpfen, obwohl nichtannuell, auch gelegentlich austrocknende Wasserlöcher nutzen, indem sie bei Austrocknungsgefahr von einer Pfütze zur nächsten springen. Den Schwielenwelsen ermöglicht eine zusätzliche Darmatmung, im sauerstoffarmen Restwasser auszuharren bzw. einen durchaus längeren Landgang zur nächsten Wasserstelle zu unternehmen.